Gerade als ich geglaubt habe, die Rax ganz gut zu kennen, habe ich sie mit der Wildfährte und dem Gamsecktsteig noch einmal von einer ganz anderen Seite kennengelernt – einer rauen, einsamen und landschaftlich wunderschönen!
Toureninfos
- Lage: Österreich / Niederösterreich / Rax
- Ausgangspunkt: Parkplatz Hinternaßwald
- Höhenmeter & Distanz: 1.320 hm | 17 km
- Höchster Punkt: 2.007 Meter
- Schwierigkeit gemäß SAC-Wanderskala: Alpinwanderung (T4) mit mäßig schwierigem Klettersteig (B)
- Zuletzt gemacht im: Oktober 2022
- Links zum Selberplanen: alpenvereinaktiv (anderer Abstieg als der hier beschriebene) / Topo
Tourenbeschreibung der Wildfährte auf die Rax
Es gibt sie tatsächlich noch, die ruhigen Ecken in den Wiener Alpen. Eine davon ist die Nordwestseite der Rax mit ihren Kahlmäuer. Durch die imposanten Felswände führen einige lohnende alpine Steige in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Ein Klassiker unter ihnen ist die Wildfährte.
Zustieg zur Wildfährte
Ausgangspunkt der Tour ist der Parkplatz in Hinternaßwald. Von hier aus folgt man wenig spannend, aber landschaftlich schön der Forststraße taleinwärts durch die Reißtalklamm.
Nach rund vier Kilometern erreicht man eine Abzweigung, bei der man die Straße verlässt. Der Pfad schlängelt sich zunächst durch einen lichten Wald und dann weiter über ein steiles Geröllfeld hoch zum Wandfuß. Ich war wirklich beeindruckt, wie wildromantisch und unberührt die Gegend hier noch anmutet. So etwas findet man im Großraum Wien selten!
Über die Wildfährte auf die Rax
Auf rund 1.230 Metern beginnt mit dem Einstieg in die Wildfährte der genussvolle Teil der Tour. Bevor wir in die erste Kletterpassage starteten, haben wir uns das Klettersteigset angelegt und den Helm aufgesetzt. Auf den nächsten 400 Höhenmetern wechseln sich leichte Kraxelei (bis I+) und Klettersteig-Passagen (bis B) ab. Mal mehr, mal weniger ausgesetzt, quert man die Kahlmäuer immer ansteigend und schön aussichtsreich südwärts hoch auf das Raxplateau.
Auf rund 1.430 Metern lässt man die Abzweigung zum etwas leichteren Bärenlochsteig (B, I-) links liegen. Dieser zählt übrigens ebenfalls zu den lohnenden Anstiegen von dieser Seite auf die Rax – streift die Kahlmäuer aber nur. Technisch sind beide Wege nicht sonderlich schwierig und dementsprechend auch für trittsichere und schwindelfreie Klettersteig-Einsteiger geeignet.
Besonders im oberen Teil, nachdem man eine geröllige Passage (nach der Abzweigung zum Bärenlochsteig) überwunden hat, zeigt sich die Wildfährte noch einmal von ihrer schönsten Seite. Mir persönlich haben diese letzten rund 100 Höhenmeter mit den genussvollen Klettersteig-Passagen am besten gefallen.
Streckt man schließlich seinen Kopf über den letzten Felsaufschwung beim Ausstieg, eröffnet sich ein herrliches Panorama: Vom Habsburghaus bis zur Heukuppe kann man das ganze Raxplateau überblicken.
Weiter auf die Heukuppe
Jetzt mussten wir uns entscheiden: Steigen wir wieder ab, wandern wir zum Habsburghaus oder steigen wir weiter auf die Heukuppe auf. Da wir gutes Wetter hatten und recht flott unterwegs waren, entschieden wir uns, den 2.007 Meter hohen Gipfel noch mitzunehmen.
Also spazierten wir gemütlich die letzten 3 Kilometer und 370 Höhenmeter zum höchsten Punkt des Raxmassivs, das wir nach insgesamt 3:30 Stunden erreichten. Wenn das Wetter gut ist und man genügend Zeit hat, würde ich die Verlängerung auf die Heukuppe jedem ans Herz legen. Das Hochplateau der Rax ist einfach wunderschön und ein Anstieg von dieser Seite etwas ruhiger.
Abstieg über den Gamsecksteig
Nach einer ausgiebigen Gipfelrast ging es für uns über den Gamsecksteig – auch „Zahmes Gamseck“ genannt – zurück Richtung Hinternaßwald. Der Weg gilt als erster „Felsensteig für Touristen auf die Rax“ und wurde bereits 1875 vom ÖTK angelegt. Alleine deswegen sollte man den vergleichsweise unbekannten Steig einmal gehen.
Technisch ist er einfacher als die Wildfährte (A/B), landschaftlich steht er ihr aber um nichts nach. Achtung: Es handelt sich aber auch beim „Zahmen Gamseck“ um einen alpinen Steig mit ausgesetzten Passagen, die Schwindelfreiheit und Trittsicherheit erfordern.
Der einfachste Weg nach Hinternaßwald ist übrigens der Kaisersteig. Der Weg ist aber insgesamt etwas länger, weshalb wir uns für den direkteren Gamsecksteig entschieden.
Fazit
Die Nordwestseite der Rax könnte man beinahe als Geheimtipp bezeichnen. Die wildromantische Gegend punktet vor allem mit schönen alpinen Steigen, für die man schon etwas Erfahrung mitbringen sollte. Hat man den etwas „zachen“ Zustieg durch die Reißtalklamm hinter sich gebracht, wird man hier mit einem Bergspielplatz der Extraklasse belohnt – voller Einsamkeit und landschaftlicher Schönheit. Übrigens: Der Ausgangspunkt kann sogar öffentlich erreicht werden.