Worauf muss man beim Wandern in der Schwangerschaft achten? Das ist eine Frage, die sich meine Frau Anna und ich seit einiger Zeit stellen. Denn wir bekommen ein Baby und wollen natürlich so lange wie möglich in den Bergen unterwegs sein. Darum hat sich die liebe Anna intensiv mit dem Thema beschäftigt und teilt gerne ihre Erkenntnisse mit euch. Am besten erzählt sie euch selbst davon:
Hallo! Ich bin Anna und heute darf ich ein paar Zeilen für euch schreiben. Ich bin gerade in der 28. Woche schwanger und mein Bauch wächst. Und mit ihm auch endlich wieder die Motivation und Energie, die bei mir in den ersten Schwangerschaftswochen flöten gegangen sind. Jetzt stellt sich die Frage: Darf man als Schwangere noch wandern? Und worauf muss man achten? Das Wichtigste gleich am Anfang:
Wandern ist für Schwangere gesund
Da Wandern als sanfte Ausdauersportart gilt, ist es eine optimale Sportart für Schwangere. Und besonders Ausdauer kannst du jetzt gebrauchen! Denn es ist wichtig, in der Schwangerschaft aktiv zu bleiben oder wieder zu werden – ansonsten spürt man nach kürzester Zeit, wie einem schon beim Treppensteigen die Luft ausgeht. Da spreche ich aus Erfahrung, denn bei mir war es gar nicht so einfach, nach den ersten Wochen auf der Couch wieder in die Gänge zu kommen. Da ich es nicht geschafft habe, hier ein Tipp von mir: Bleib‘ am Ball und geh‘ zumindest jeden Tag eine Runde spazieren. Dein Körper wird es dir danken!
Für die Geburt brauchst du körperliches und geistiges Durchhaltevermögen – und kräftige Muskeln! Vor allem eine gestärkte Beinmuskulatur wird dir bei der Geburt helfen. Und genau die trainierst du beim Wandern.
Da dein Gewebe durch die Hormonumstellung weich wird und die Muskulatur immer mehr Gewicht deines Babybauches halten muss, bekommst du vermutlich früher oder später auch Rückenschmerzen. Solange du nicht unnötig viel Gewicht in deinem Rucksack mitschleppst, stärkst du beim Wandern auch deine Rückenmuskulatur. Und: Du kannst zum Beispiel während deiner Pausen noch mit Hüftkreisen deinen unteren Rücken auflockern – sehr angenehm! Übrigens, wenn du etwas mehr Unterstützung beim Rucksacktragen haben möchtest, kannst du entweder einen Bauchgurt oder ein festes Tuch über den Hüftknochen als Stabilisierung des Beckens verwenden.
Wandern ist – auch außerhalb einer Schwangerschaft – eine tolle Sportart für den Geist. Du kannst deine Gedanken schweifen lassen, deinen Kopf freibekommen und die frische Luft und Natur genießen. Kurz: Du reduzierst Stress! Das wird dir besonders guttun. Immerhin ist dein Leben zwischen deinem „alten Alltag“ und deinen neuen Herausforderungen nicht immer so einfach zu meistern. Plus: Die Hormone leisten ganze Arbeit und lassen dich vermutlich viel nachdenken und grübeln. 😉
Worauf du beim Wandern in der Schwangerschaft achten solltest
Such‘ dir geeignete Routen
Taste dich an deine Wandertour langsam heran und wähle für den Anfang nur Routen, bei denen du dir sicher bist, dass du die Länge und Höhenmeter schaffst. Vergiss nicht, dass du jetzt wahrscheinlich langsamer wanderst als zuvor. Selbst in der Frühschwangerschaft verändert sich dein Körper so schnell, dass du dein Tempo vielleicht ein bisschen reduzieren muss. Es ist jetzt auch nicht mehr die Zeit, die eigenen Grenzen auszureizen, sondern eher die Route und das Tempo an die eigene körperliche Verfassung anzupassen.
Eine geeignete Route heißt übrigens auch, nicht im Hochsommer bei knapp 40 Grad in der prallen Sonne herumzuspazieren. Such‘ dir eine Route mit viel Zeit im Wald oder anderen beschatteten Plätzen und denk an Sonnenschutz. Wenn du es bei den heißen Temperaturen überhaupt aus deinen vier Wänden schaffst. 😉
Es gibt übrigens eine Empfehlung von MedizinerInnen, nur unter 2.000 Höhenmetern zu wandern. Aber dieser Höhe sinkt die Sauerstoffsättigung unter 80 %. Das bedeutet, dir steht im Vergleich zum Meeresniveau beim Atmen ein Fünftel weniger Sauerstoff zur Verfügung. Als Schwangere hast du allerdings von Haus aus einen erhöhten Bedarf.
Übrigens: Vergiss auch nicht, dass du mit der Veränderung deines Körpers vermutlich auch öfters mal aufs Klo musst. Wo es keine Hütten gibt, sind beliebte Wanderrouten an einem Wochenende also vermutlich nicht so optimal. 😉
Nimm genügend Flüssigkeit und Snacks mit
In deiner Schwangerschaft brauchst du ohnehin reichlich Flüssigkeit – etwa zwei bis drei Liter über den Tag verteilt und wenn du beim Wandern schwitzt, dementsprechend mehr. Vergiss also auf keinen Fall deine Wasserflasche und denk‘ auch an ein paar kleine Snacks. Nicht nur, damit du nicht „hangry“ wirst: Gerade wer mit Schwangerschaftsübelkeit zu tun hat, wird sich über den ein oder anderen Bissen unterwegs freuen. Gegen die Übelkeit wird ja generell empfohlen, über den Tag verteilt immer wieder kleine Snacks zu essen. Gute Wandersnacks sind zum Beispiel Müsliriegel, Nüsse oder Äpfel.
Übrigens: Vielen Schwangeren hilft Bewegung an der frischen Luft generell gegen die Übelkeit. Wobei man da schon seinen inneren Schweinehund überwältigen muss, hinauszugehen!
Hör‘ auf deinen Körper
Dein Körper verändert sich jetzt besonders und was vorher vielleicht ganz leicht ging, fühlt sich jetzt schwerfällig und unmöglich an. Immerhin schlägt dein Herz jetzt pro Minute um etwa zehn Schläge mehr, um das erhöhte Blutvolumen (bis zum Ende der Schwangerschaft ca. 1,5 Liter) durch deinen Körper zu transportieren. Gleichzeitig sinkt dein Blutdruck schon im ersten Trimester und deine Lunge wird durch das immer größer werdende Baby in deinem Bauch komprimiert, weshalb du kurzatmig wirst.
Dein Körper erbringt also auch ohne Sport bereits Hochleistungen! Du brauchst deinen Körper jetzt nicht zu stählen oder dir etwas zu beweisen. Wichtig ist, dass es dir und deinem Baby gut geht. Wähle also ein gemütliches Tempo beim Wandern und leg‘ lieber eine Pause mehr als sonst ein.
Achte übrigens auch unbedingt auf deinen Puls! Da dieser aber in der Schwangerschaft sowieso erhöht ist (der Ruhepuls einer Schwangeren liegt bei rund 90 Schlägen, wenn er vorher bei etwa 70 war) gelten die „üblichen“ Grenzen nicht. Ich habe immer wieder davon gelesen, dass sich der Puls über eine längere Zeit nicht über 140 befinden soll. Aber: Besprich deinen geeigneten Puls beim Wandern am besten mit deiner Hebamme oder deinem Arzt bzw. deiner Ärztin!
Balance und Sicherheit
Auch deine Balance und dein Gleichgewichtssinn verändern sich! Mit dem wachsenden Bauch verlagert sich dein Körperschwerpunkt und du kommst dir vielleicht wie „aus dem Gleichgewicht“ vor. Kein Wunder, immerhin werden deine Bänder und Sehnen durch die Hormonumstellung schon in den ersten Schwangerschaftswochen weicher und die Wirbelsäule und die Gelenke instabiler.
Achte deshalb unbedingt auf ordentliche Wanderschuhe, die dir genug Trittsicherheit geben. Vielleicht sind dir jetzt auch höhere Trekking-Schuhe lieber, die auch über den Knöchel gehen und dir dadurch zu noch mehr Halt verhelfen. Du kannst auch Wanderstöcke mitnehmen – vor allem, wenn es viel bergauf und bergab geht. Kletterpassagen solltest du jetzt übrigens eher meiden, um das Verletzungsrisiko zu minimieren.
Ist der Abstieg etwas steiler oder bist du dir unsicher, kannst du dir auch eine Route suchen, bei der du mit einer Bergbahn wieder ins Tal fahren kannst. Da steilere Bergab-Strecken deinen Beckenboden belasten, wird dieser dir danken. 😉
Also: Auf in die Berge!
Wie bei allen Sportarten solltest du auch das Wandern vorab mit deiner Hebamme oder deinem Arzt bzw. deiner Ärztin besprechen. Normalerweise werden dir – wenn du eine komplikationsfreie Schwangerschaft hast – alle zu Bewegung raten. Solltest du aber zum Beispiel mit hohem Blutdruck oder Frühwehen kämpfen, ist jede Art von Sport verboten.
Ich wünsche dir noch eine wunderschöne Schwangerschaft – und vor allem auch eine gute Zeit in den Bergen! Vielen Dank an meine liebe Physiotherapeutin Ruth, die mir bei diesem Artikel geholfen hat.