Der Grete-Klinger-Steig ist der spektakulärste Anstieg auf den Eisenerzer Reichenstein in der Steiermark. Der alpine Übergang kombiniert mäßig schwierige Klettersteig-Passagen (bis B/C) mit einer aussichtsreichen, wenn auch langen Kammwanderung. Im Gesamtpaket bekommt man hier eine der imposantesten Bergtouren im Osten Österreichs geboten.
Toureninfos
- Lage: Österreich / Steiermark / Eisenerzer Alpen
- Ausgangspunkt: Hirnalm
- Höhenmeter & Distanz: getrackte 1.735 hm | 17,8 km
- Höchster Punkt: 2.165 Meter
- Schwierigkeit gemäß SAC-Wanderskala: Anspruchsvolle Bergwanderung (T3) mit mäßig schwerem Klettersteig (B/C)
- Schlüsselstelle: Die Steilstufe kurz nach dem Fahnenköpfl (B/C)
- Gemacht im: Juli 2024
- Link zum Selberplanen: alpenvereinaktiv | Topo
Tourenbeschreibung Grete-Klinger-Steig
Der Reichenstein gilt als bekanntester Berg der Eisenerzer Alpen und zählt zu den beliebtesten Wanderzielen der Steiermark. Wer die stolze Felspyramide besteigen möchte, muss mindestens 900 Höhenmeter überwinden – egal, welchen Weg man wählt. Dafür wird man mit einer fabelhaften Aussicht und der Reichensteinhütte direkt neben dem Gipfel belohnt. Einer der längsten und zugleich imposantesten Anstiege auf den Reichenstein ist der Grete-Klinger-Steig.
Vom Parkplatz zum Barbarakreuz
Ausgangspunkt der anspruchsvollen Bergtour ist der Parkplatz bei der Hirnalm (937 m) auf der Südostseite des Massivs. Sollte der voll sein, findet man etwas weiter unten an der Krumpenstraße weitere Parkmöglichkeiten. Da man aufgrund der Länge der Tour früh starten muss, sollte es jedoch kein Problem sein, einen Parkplatz direkt bei der Hirnalm zu bekommen.
Um zum Einstieg des Grete-Klinger-Steigs zu gelangen, muss man dem Gipfel des Reichensteins zunächst den Rücken zukehren und eine halbe Stunde zum Barbarakreuz (1.060 m) spazieren. Perfekt, um warm zu werden, denn ab jetzt wird es ernst: Der Grete-Klinger-Steig beginnt.
Hoch aufs Fahnenköpfl
Zunächst verläuft der Weg noch relativ flach durch einen romantischen Bergwald. Bei mir war der Pfad teilweise sehr verwachsen und gab mir das Gefühl, dass er gar nicht so stark frequentiert ist, wie ich es vermutet hatte. Menschen habe ich am Grete-Klinger-Steig ebenfalls so gut wie keine getroffen. Großartig, denn das verlieh der Tour von Anfang an einen abenteuerlichen Charakter.
Auf rund 1.200 Metern nimmt die Steigung sukzessive zu und man schlängelt sich über einige Kehren durch den steilen Wald Richtung Felsen. Der Wanderweg verwandelt sich zusehends in einen alpinen Steig, der auf einer Seite meist ausgesetzt ist. Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sind – wie auf der kompletten Runde – absolute Grundvoraussetzung!
Bald erreicht man die ersten seilversicherten Steilstufen, bevor man auf rund 1.500 Metern den Wald hinter sich lässt und im Felsgelände ankommt – die ersten Aus- und Tiefblicke eröffnen sich und bleiben ab sofort bis zum Abstieg treue Wegbegleiter. Etwas unterhalb des Fahnenköpfls (1.648 m) startet der erste längere Klettersteig-Abschnitt (bis B), der zu seinem „Gipfelkreuz“ mit einer kleinen Bank führt.
Über den Vordernberger Zinken zum Rottörl
Nach einem kurzen luftigen Gehgelände folgt die erste Schlüsselstelle der Tour: ein schmaler Grat gefolgt von einer längeren Steilstufe (B/C). Erfahrene Klettersteiggeher werden keine Probleme damit haben. Ganz im Gegenteil: Die kurze Einlage in der Vertikalen ist ein wahrer Genuss. Bergwanderer, die keine Lust auf Klettern haben, können das Fahnenköpfl und die Schlüsselstelle links umgehen (siehe Topo).
Als purer Genuss kann auch der Weiterweg bezeichnet werden. Aufgrund seiner Länge versuche ich den Charakter des restlichen Grete-Klinger-Steigs zusammenzufassen – sonst wird der Text einfach zu lange 🙂 : Im weiteren Verlauf wechseln sich meist einfache Klettersteigpassagen (meist A/B), kurze Klettereinlagen (I) und teils ausgesetztes Gehgelände ab. Die zweite Schlüsselstelle der Tour ist die Besteigung (bis B/C) der Vordernberger Mauer (1.776 m). Der kleine Felskopf kann aber – wie die erste Schlüsselstelle – links umgangen werden.
Danach nimmt der technische Anspruch der Tour wieder ab. Die seilversicherten Passagen weichen wieder einem Wanderweg, der immer am Kamm aussichtsreich auf den Reichenstein zusteuert. In ständigem Auf und Ab überschreitet man schließlich mit dem Vordernberger Zinken (2.003 m) den letzten Gipfel, bevor man nach einem kurzen Abstieg zum Rottörl (1.880 m) quert.
Auf den Reichenstein
Beim Rottörl muss man sich entscheiden, ob man in den Krumpengraben absteigt und zurückgeht oder noch den Reichenstein überschreiten möchte. Ich würde allen, die an dieser Stelle noch fit genug sind, Zweiteres empfehlen. Die Überschreitung ist landschaftlich wirklich wunderschön.
Weiter geht’s also unterhalb der Nordwand des Reichensteins auf die Westseite des Berges, über die er normalerweise bestiegen wird. Nachdem man eine kurze seilversicherte Passage mit einigen Leitern überwunden hat, erreicht man über ein paar letzte steile Kehren den Gipfel des Reichensteins (2.165 m). Nach etwas mehr als 10 Kilometern und 1.700 Höhenmetern hat man den Aufstieg geschafft.
Die Aussicht am Gipfel lässt einen die Mühen schnell vergessen. Der Blick zurück auf den Grete-Klinger-Steig auf der einen und zu den Gesäuse-Bergen auf der anderen Seite ist einfach fabelhaft. Und das Beste: Direkt neben dem Gipfel thront die Reichensteinhütte. Man kann das Panorama also bei einem kühlen Bierchen genießen.
Abstieg über Reichhals und Krumphals
Nachdem man sich ausgiebig gestärkt oder auf der Hütte geschlafen hat, steht der Abstieg an. Und der sollte nicht unterschätzt werden. Natürlich ist er nicht so schwierig wie der Grete-Klinger-Steig, er weist aber am Plateau eine kurze ausgesetzte Stelle auf und ist sowohl im Reich- als auch im Krumphals relativ steil und rutschig. Bei Nässe möchte ich hier ehrlich gesagt nicht unterwegs sein.
Außerdem ist er mit rund 7 Kilometern noch einmal ein ordentlicher Hatscher (angeschrieben ist er ab der Hütte mit 3,5 Stunden). Entscheidet man sich für die Runde als Tagestour, sollte man unbedingt genügend mentale und körperliche Reserven für den Abstieg einplanen.
Der Weg selbst ist landschaftlich wirklich schön. Die wilde Felsszenerie, in die sich die Krumpenalm und der Krumpensee betten, hat es mir angetan. Bei der Krumpenalmhütte hat man dann den schwierigsten Teil des Abstiegs geschafft. Danach muss man nur mehr zurück zur Hirnalm wandern.
Fazit
Die abwechslungsreiche Mischung aus Kammwanderung und mäßig schwierigen Klettersteigen gepaart mit der landschaftlichen Schönheit der Eisenerzer Alpen machen den Grete-Klinger-Steig zu einer Königstour im Osten Österreichs. Wer die nötige Erfahrung und Kondition mitbringt, sollte diese Runde unbedingt einmal machen. Aufgrund der beachtlichen Länge ist hier zumindest vom Barbarakreuz bis zum Rottörl nicht so viel los, wie auf anderen beliebten Touren in der Region.
Wem die Tour für einen Tag zu lang ist, kann sie mit einer Nacht in der Reichensteinhütte am Gipfel etwas entschärfen. Der Abstieg sollte nämlich nicht unterschätzt werden. Eine gute Tourenplanung (angeschrieben ist die Tour mit 10 Stunden Gehzeit) und stabile Wetterverhältnisse sind genauso wie Schwindelfreiheit und Trittsicherheit absolute Grundvoraussetzung für das alpine Unterfangen. Außerdem sollte man eine solide Grundkondition mitbringen. Passt aber alles zusammen, bekommt man hier eine wunderschöne Bergtour geboten, die ich jedem ans Herz legen möchte!