Der perfekte Klettersteig-Kurztrip nach Osttirol

Über zwei Klettersteige durchs Herz der Lienzer Dolomiten

Die Lienzer Dolomiten in Osttirol beheimaten wunderschöne Klettersteige. Zwei besonders lohnende lassen sich zu einer genialen Runde durch das Herz der mystischen Bergwelt kombinieren: der „Madonnen Klettersteig“ und der Klettersteig „Verborgene Welt“.

Ende Juli durfte ich eine Bergtour machen, die schon lange auf meiner Wunschliste stand: eine mehrtägige Durchquerung der Lienzer Dolomiten. Und zwar in Kombination mit zwei traumhaften Klettersteigen: dem „Madonnen Klettersteig (C)“ und der „Verborgenen Welt (C/D)“.

Dafür habe ich mir mit meinem Bergbuddy Pazi drei Tage Zeit genommen. Wenn man will, schafft man die Tour auch in zwei Tagen (z. B. an einem Wochenende). Dann verpasst man aber eine gemütliche Nacht auf der Kerschbaumeralm oder Karlsbader Hütte.

Tag 1: Durch die „Verborgene Welt“ zur Kerschbaumeralm

Wanderer im Kerschbaumertal beim Zustieg zum Klettersteig Verborgene Welt
Zustieg durch das Kerschbaumertal zum Klettersteig Verborgene Welt

Startpunkt unserer Tour war der kostenlose Parkplatz Klammbrückl, den man von Lienz aus in rund 20 Minuten mit dem Auto oder Wandertaxi erreichen kann (auch wenn Google Maps keine Route anzeigt: Man darf hier wirklich mit dem Auto hinfahren). Von dort geht es in etwa 1,5 Stunden fernab vom Overtourism durch das ruhige Kerschbaumertal zum ersten Highlight der Tour: dem Klettersteig „Verborgene Welt“.

Die Via Ferrata führt entlang des Klapffalls durch ein wildromantisches Schluchtensystem, das der Galitzenbach in die Felsen gefressen hat. Der Einstieg liegt am Fuß des Wasserfalls und vermittelt mit seiner Seilbrücke gleich einen guten Eindruck vom restlichen Steig. 

Der Klettersteig „Verborgene Welt“ (C/D)

  • Höhen- & Klettermeter: 400 Meter Stahlseil; 150 Höhenmeter
  • Kletterzeit: 1 bis 1,5 Stunden
  • Anforderungen: Schwieriger Klettersteig; meist B/C und B, zwei Stellen C/D
  • Schlüsselstelle: die eine oder andere plattige Querung, die man auf Reibung gehen muss
  • Detailbeschreibung & Topo: osttirol.com
  • Ausführlicher Tourenbericht zum Klettersteig „Verborgene Welt“

Auf den folgenden 400 abwechslungsreichen Klettermetern muss man über drei weitere Alu-Seilbrücken balancieren, zahlreiche Steilaufschwünge bis C/D überwinden und plattige Quergänge meistern – ständiger Begleiter: die donnernden Wassermassen des Galitzenbachs.

Pausenplätze und Gehgelände laden immer wieder dazu ein, innezuhalten und diese wilde Naturschönheit in vollen Zügen zu genießen. Während man tief durchatmet und der Sprühnebel die Haut benetzt, spürt man die wohltuende Kraft des Wassers. Denn das Abenteuer ist nicht nur Urlaub fürs Gehirn, sondern auch gesund für den Körper.

Die Heilkraft des Wassers

Eine klinische Studie des Nationalparks Hohe Tauern hat bewiesen, dass allein der Besuch von Wasserfällen Stress- und Burnout-Symptome reduzieren und Beschwerden bei Asthma und Allergien lindern kann. Der feine Sprühnebel, der durch das Aufschlagen des Wassers aus großer Höhe entsteht, enthält eine hohe Anzahl negativ geladener Ionen. Diese winzigen Teilchen gelangen beim Einatmen tief in die Lunge und können dort eine reinigende und entzündungshemmende Wirkung entfalten.

Die letzte Seilbrücke im Klettersteig Verborgene Welt
Die letzte Seilbrücke im Klettersteig Verborgene Welt

Übernachtung auf der Kerschbaumeralm

Nach 1 bis 1,5 Stunden Kletterzeit verlässt man die „Verborgene Welt“ schließlich wieder, wie man sie betreten hat: über eine luftige Alu-Seilbrücke. Vom Ausstieg erreichten wir unseren ersten Schlafplatz, die urige Kerschbaumeralm, in rund 30 Minuten. Bei einer malerischen Abendstimmung stießen wir auf der aussichtsreichen Terrasse auf den gelungenen ersten Tag an – das Ziel des nächsten bereits im Blick: die Große Gamswiesenspitze.

Malerische Abendstimmung auf der Kerschbaumeralm; links die Große und Kleine Gamswiesenspitze
Malerische Abendstimmung auf der Kerschbaumeralm; links die Große und Kleine Gamswiesenspitze

Tag 2: Über den „Madonnen Klettersteig“ ins Herz der Lienzer Dolomiten

Nach einem ausgiebigen Frühstück in der urigen Gaststube machten wir uns am Grenzweg Richtung Kerschbaumertörl zum „Madonnen Klettersteig“ auf. Etwa 180 Höhenmeter unter dem Sattel zweigt ein steiler, aber gut angelegter Steig zu dessen Einstieg ab, den wir nach insgesamt etwas mehr als einer Stunde erreichten.

Der „Madonnen Klettersteig“ (C)

  • Höhen- & Klettermeter: 650 Meter Stahlseil; 390 Höhenmeter
  • Kletterzeit: 2 Stunden
  • Anforderungen: Mittelschwieriger Klettersteig; meist B und B/C, einige Stellen C
  • Schlüsselstelle: die „luftige Kante“ kurz vorm Ausstieg des ersten Teils
  • Detailbeschreibung & Topo: osttirol.com
  • Ausführlicher Tourenbericht zum „Madonnen Klettersteig“

Mit der Großen Gamswiesenspitze (2.486 m) führt der 2006 errichtete Klettersteig über einen der schönsten Aussichtsberge der Region. Auf ihrem Gipfel eröffnet sich ein einmaliges 360-Grad-Panorama, das vom Kerschbaumertal über den benachbarten Laserzkessel bis hin zu den Hohen Tauern reicht. Während man den Blick über die Osttiroler Bergwelt schweifen lässt, spürt man die Kraft und Mystik, die dieser Gebirgsstock ausstrahlt.

Der Weg nach oben ist mindestens so intensiv wie das Gipfelerlebnis selbst. Der zweigeteilte „Madonnen Klettersteig“ verläuft in der denkbar schönsten Linie durch die Felswände der Großen Gamswiesenspitze und nach einem kurzen Abstieg (Gehgelände) weiter über eine anregende Plattenkletterei auf die Kleine Gamswiesenspitze (2.454 m). Dabei kommen die 650 Klettermeter komplett ohne künstliche Tritte aus und die technischen Schwierigkeiten gehen nie über C hinaus. Kurz: Purer Genuss, der in einer 16 Meter langen Hängebrücke gipfelt.

Den Namen verdankt der Klettersteig übrigens einer markanten Felsformation im oberen Teil. Ein Felsblock etwas oberhalb der Route erinnerte die Erbauer an eine steinerne Madonna. Kurzerhand erhielt die Skulptur einen Heiligenschein, der im richtigen Sonnenlicht bis ins Tal blitzt. Die Felsenmadonna und der Name des Klettersteigs waren geboren.

Nach dem steilen, stellenweise seilversicherten Abstieg von der Kleinen Gamswiesenspitze landet man direkt am Kerschbaumertörl, das sich ideal für eine Pause anbietet. Kleine Info am Rande: Dieser schöne Sattel kann übrigens auch ganz ohne Klettersteig erwandert werden.

Übernachtung auf der Karlsbader Hütte

Weiter ging es für uns mit kurzem Ab- und Gegenanstieg zur Karlsbader Hütte. Auch wenn wir direkt ins Tal hätten absteigen können: Eine Nacht auf diesem einmalig gelegenen alpinen Stützpunkt direkt am Laserzsee wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen.

Die letzten Meter zur Karlsbader Hütte
Die letzten Meter zur Karlsbader Hütte

Bei der Karlsbader Hütte kann man nämlich nicht nur in den klaren Bergsee, sondern auch in die sagenhafte Welt der Lienzer Dolomiten vollends eintauchen. Wenn die Sonne die umliegenden Felswände scheinbar brennen lässt, sich der Nebel wie eine sanfte Decke über das Tal legt und die Gipfel von Wolken umhüllt werden, wird klar, warum die Region die Fantasie der Menschen seit Jahrhunderten beflügelt.

Die Unholden der Lienzer Dolomiten

So einsam die Bergerlebnisse in Osttirol auch sein mögen, in den Lienzer Dolomiten ist man nie wirklich allein. Zumindest wenn man den Sagen glaubt. Zwischen den bizarren Felsformationen und spitzen Zacken sollen seit jeher grimmige Gestalten ihr Unwesen treiben. Einst wurden die Lienzer Dolomiten sogar „die Unholden“ genannt.

Die mystische Bergwelt der Lienzer Dolomiten
Die mystische Bergwelt der Lienzer Dolomiten

Doch keine Sorge: Im „Madonnen Klettersteig“ muss man sich nicht vor Hexen und Berggeistern fürchten. Die steinerne Madonna wacht schützend über ihre Besucher und sorgt dafür, dass man sicher wieder ins Tal zurückkehrt.

Tag 3: Abstieg und Fazit

Am dritten Tag stand nur noch der Abstieg auf unserem Programm. Über einen breiten Wanderweg gelangt man durch eine wunderschöne Landschaft flott zur spektakulär gelegenen Dolomitenhütte. Besonders im Morgenlicht präsentiert sich der Weg von seiner schönsten Seite.

Die ersten Sonnenstrahlen erreichen die Karlsbader Hütte
Die ersten Sonnenstrahlen erreichen die Karlsbader Hütte: Zeit für den Abstieg

Zurück ins benachbarte, tiefergelegene Kerschbaumertal gelangt man über einen mäßig steilen Waldpfad. Unten angekommen ging es für uns über den eben verlaufenden Franz Lerch Weg schließlich zurück zum Parkplatz Klammbrückl. Insgesamt sollte man für den Abstieg rund 2,5 Stunden Gehzeit einplanen.

Die Karlsbader Hütte im Morgenlicht
Ein letzter Blick zurück auf die Karlsbader Hütte

Fazit

Die beschriebene Runde durch die Lienzer Dolomiten ist sowohl landschaftlich als auch von den beiden Klettersteigen her ein absoluter Hochgenuss. Beide Vie Ferrate sind in einem top Zustand, wunderschön angelegt und machen Lust auf mehr. Technisch gehen die Schwierigkeiten bis C/D. Man sollte also etwas Erfahrung, Schwindelfreiheit und vor allem Trittsicherheit mitbringen. Besonders im „Madonnen Klettersteig“ ist man immer wieder ungesichert in ausgesetztem, hochalpinem Gelände unterwegs, das man nicht unterschätzen darf.

Wenn man danach noch Lust und Zeit hat, bietet sich ein Besuch der Galitzenklamm an. Hier findet man sechs weitere spektakuläre Klettersteige auf engstem Raum.

Lienz: Die Basis für Klettersteig-Abenteuer

Bei alledem ist Lienz die perfekte Homebase für ein unvergessliche Klettersteig-Abenteuer in Osttirol. Mit dem Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln bestens erreichbar, bietet die Sonnenstadt alles, was das Kletterherz begehrt – von hochwertigen Kletterunterkünften bis hin zu Sportfachgeschäften.

Über mich

Griaß di!
Griaß di!
Ich heiße Daniel, bin Mitte 30 und komme aus Österreich. Ich möchte euch mit Rauf und Davon dazu inspirieren, die Schönheit unserer Berge zu entdecken. Dir gefallen meine Geschichten? Dann folge mir doch ♥

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