Bergliebe in Blogform aus Österreich

Braucht man für den Normalweg auf den Großglockner einen Bergführer?

Eine Entscheidungshilfe, ob du dir den höchsten Berg Österreichs alleine zutrauen kannst

Die Frage, ob du für den Normalweg auf den Großglockner einen Bergführer brauchst, lässt sich nicht pauschal beantworten. Deshalb möchte ich dir neun Gegenfragen stellen, die dir bei deiner Entscheidung helfen werden.

Technische Voraussetzungen

Schauen wir uns zunächst den Normalweg auf den Großglockner einmal genauer an: Grundsätzlich ist die Hochtour in der SAC-Skala am oberen Ende des Grades „wenig schwierig“ angesiedelt (WS+). Das beutet im Fels meistens noch Gehgelände, erhöhte Trittsicherheit nötig, Kletterstellen übersichtlich und problemlos“ und im Firn und am Gletscherin der Regel wenig steile Hänge, kurze steilere Passagen, wenig Spalten“. Aber Vorsicht, das klingt im ersten Moment einfacher, als es tatsächlich ist.

Konkret musst du am Normalweg auf den Großglockner als Schlüsselstellen

… im Eis das Glocknerleitl hoch zum Grat (rund 40° steil) und
… am Fels der letzte Gipfelaufschwung (Kletterei im II. Grad) überwinden.

Beide im Absturzgelände. Generell ist der Gipfelgrat sehr ausgesetzt. Darum würde ich raten, dass du schon einiges an Erfahrung in so einem Gelände haben solltest, bevor du dir den Großglockner ohne Bergführer zutraust.

Konditionelle Voraussetzungen

Auch konditionell verlangt dir der Großglockner einiges ab. Mit Hochtourenrucksack musst du 1.900 Höhenmeter im Auf- und Abstieg sowie rund 19 Kilometer Distanz an zwei Tagen absolvieren. Eine gute Grundkondition ist also ebenfalls Grundvoraussetzung.

Sonnenaufgang am Weg zum Gipfel des Großglockners
Die Tage bei einer Großglockner Besteigung sind lange: Nach dem Gipfel heißt es noch 1.900 Meter absteigen

Brauche ich jetzt einen Bergführer oder nicht?

Aber nun zur Frage, warum du vermutlich auf diesem Beitrag gelandet bist. Um sie zu beantworten, habe ich neun Gegenfragen: Wenn du sie alle ehrlich mit „Ja“ beantworten kannst, kannst du den Großglockner ohne Bergführer andenken:

  1. Beherrscht du eine solide Tourenplanung?
  2. Bist du absolut schwindelfrei und 100 % trittsicher?
  3. Kannst du sicher mit Steigeisen gehen und klettern?
  4. Kannst du auf einem ausgesetzten Felsgrat in alpinem Gelände sicher im II. Grat bei allen möglichen Verhältnissen (Fels, Eis, Schnee) klettern?
  5. Bist du fit in der Seilkunde und beherrscht die nötigen Sicherungstechniken und Knoten?
  6. Beherrscht du das Gehen am gleitenden Seil?
  7. Beherrscht du die für eine Gletscherbegehung nötigen Techniken zur Spaltenbergung?
  8. Besitzt du das nötige Equipment für eine hochalpine Gletschertour und kannst damit umgehen?
  9. Weißt du, was bei einem hochalpinen Notfall zu tun ist?

Bist du dir unsicher oder musst eine dieser Fragen mit „Nein“ beantworten, dann würde ich dir auf jeden Fall einen Bergführer empfehlen. Bei meiner 360°-Tour kannst du den Normalweg übrigens digital nachgehen und bekommst so schon mal einen guten Eindruck davon:

Bitte nicht wundern: Leider hatten wir beim Aufstieg nicht das beste Wetter und ich musste einige Bilder beim Abstieg machen. Darum stehen wir in manchen Szenen „in die falsche Richtung“.

So habe ich mich auf den Großglockner vorbereitet

Bevor ich den Glockner ohne Bergführer gegangen bin, habe ich zwei Hochtourenkurse sowie einen Mehrseillängenkurs beim Alpenverein absolviert. Außerdem hatte ich schon viel alpine Erfahrung auf schwierigeren Hochtouren mit Bergführer (z. B. Ortler oder Biancograt) gesammelt und viele komplexe Berg- und Hochtouren alleine unternommen.

Darüber hinaus kannte ich den Weg, weil ich ihn ein paar Jahre zuvor schon einmal mit Bergführer gegangen bin. Ich wusste also, was auf mich zukommt. Mit diesem Erfahrungsschatz im Rucksack und der richtigen Seilschaft fühlte ich mich dem Großglockner alleine gewachsen. Den ausführlichen Bericht dazu findest du hier:

Großglockner: Normalweg (ohne Bergführer)

Als ich das erste Mal mit Bergführer am Gipfel des Großglockners stand, wusste ich, dass ich diesen Berg irgendwann einmal in Eigenregie besteigen muss. Im Juni 2020 war es endlich soweit!

Ich hoffe, dass ich dir bei deiner Entscheidung helfen konnte. Zum Schluss möchte ich dir noch mitgeben, dass der Großglockner ein ernst zu nehmender Berg ist, der nicht unterschätzt werden darf. Wenn du dir unsicher bist, buche auf jeden Fall einen Bergführer, damit du den Gipfel und den grenzgenialen Normalweg auch rundum genießen kannst. Es zahlt sich aus! Ich habe den Großglockner mit dem großartigen Stefan Leitern (Berggfühl) bestiegen, den ich dir als Bergführer uneingeschränkt ans Herz legen kann. Falls ihr alleine geht, möchte ich euch auf seinen Wunsch hin noch zwei Punkte mit auf den Weg geben:

  1. Bitte beachtet den Steinschlag vom Ködnitzkees zum Mürztalersteig (Klettersteig). Der wird von Jahr zu Jahr blöder. Erkundigt euch bitte beim Hüttenwirt der Erzherzog-Johann-Hütte über die aktuellen Verhältnisse.
  2. Achtet darauf, dass euer Seil ab dem Glocknerleitl nicht zu lange ist. Das verursacht Staus am Gipfelgrat.
Griaß di!
Griaß di!
Ich heiße Daniel, bin Mitte 30 und komme aus Oberösterreich. Ich möchte auf Rauf und Davon meine Liebe zu den Gipfeln dieser Welt teilen und euch damit für euer nächstes Bergabenteuer inspirieren. Dir gefallen meine Berggeschichten? Dann folge mir doch und verpasse keine Inspiration mehr:

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